wetter.net

Kältester April seit einem halben Jahrhundert? - Die Halbzeitbilanz

Man muss nicht auf die klimatologische Statistik schauen, um zu bemerken, dass der aktuelle April bisher äußerst kühl verlief. Wäre es mittlerweile nicht so lang hell, würde der aktuelle Wettereindruck mit Frost, Schnee, Graupel und kühlem Wind eher an einen Februar erinnern. Doch wie kalt ist es im Vergleich zum Durchschnitt und zu den letzten Jahren? Wie sieht es mit der zweiten Monatshälfte aus und könnten wir uns gerade im kältesten April seit einem halben Jahrhundert befinden?

Die aktuelle Bilanz zeigt deutlich: Bundesweit gibt es eine negative Temperaturabweichung von knapp 3 Grad im Vergleich zum alten langjährigen Mittel von 1961 bis 1990. Dabei ist es besonders in der Mitte unterdurchschnittlich kühl gewesen mit Abweichungen von bis zu 4 Grad, beim Vergleich zum aktuellen Zeitraum (1991 bis 2020) ist die Abweichung sogar mit 4 bis 5 Grad noch deutlich höher.

Doch werfen wir zunächst einen Blick auf den Niederschlag, dieser zeigt sich uneinheitlicher: So habe es am Nordrand der Mittelgebirge (Eifel, Bergisches Land, Erzgebirge, aber auch Alpen) und regional im Norden überdurchschnittlich viel Regen bzw. Schnee gegeben. In der Südhälfte und insbesondere von Mittelgebirgen geschützten Tallagen ist hingegen noch fast nichts Messbares vom Himmel gefallen, wie z.B. im Rhein Main Gebiet oder entlang der Donau. Das lag an dem Schauerwetter, das uns die Wetterlage oft brachte: Diese zogen aus Nordwesten kommend gegen die Mittelgebirge und regneten sich dort ab, während auf der Südseite der Mittelgebirge durch Fallwinde die Schauer stark abgeschwächt oder aufgelöst wurden. Dadurch kann es zwischen benachbarten Regionen zu großen Unterschieden kommen: In Morsbach im Westerwald fielen bisher 70 Liter an Niederschlag (einer der nassesten Orte bisher), 100km südlich in Mainz geschützt vom Taunus, in der Rheinebene gelegen, gab es lediglich 6 Liter an Niederschlag.

Bei der Sonnenscheindauer sieht es, im Hinblick auf die kalten Temperaturen vielleicht auch überraschend, im Süden sogar ganz gut aus: hier sind wir momentan auf überdurchschnittlichem Niveau. Anders ist das in der Nordhälfte und insbesondere in den Mittelgebirgen in der Mitte, hier war es bisher eher zu grau.

Aber kommen wir nochmal auf die Temperaturen zurück. Der winterliche Eindruck kommt nicht von ungefähr, so war es im diesjährigen März, der eher durchschnittlich ausfiel, milder als der diesjährige April und sogar der Februar vor einem Jahr war wärmer (!). Dieser Monat verlief jedoch äußerst überdurchschnittlich. Doch den Kontrast kann man noch verstärken: Schauen wir uns die Aprilmonate der letzten Jahre an, denn da handelte es sich bei den Temperaturen schon fast um einen Sommermonat. Sowohl der April im letzten Jahr, aber besonders der viel zu warme April 2018 zeigt auf, wie unterschiedlich die Monate von Jahr zu Jahr ausfallen können. So lag die Durchschnittstemperatur damals bei 12,3 Grad und damit fast 8 Grad über den aktuellen 4,5 Grad, bei einigen Orten liegt der Unterschied sogar bei 10 Grad! Für Durchschnittswerte ein extremer Unterschied.

Jetzt muss allerdings beachtet werden, dass wir erst Halbzeit haben, die wärmere Monatshälfte des Aprils fehlt noch. Negative Abweichungen, wenn auch lange nicht so stark, sind zur Monatsmitte im April normal. Doch auch der Trend sieht für die nächste Zeit keine außergewöhnliche Erwärmung, und somit ist ziemlich sicher davon auszugehen, dass dieser Monat am Ende unterdurchschnittlich ausfallen wird. Dabei bleibt abzuwarten, ob die Abweichung zum Ende des Monats weiter ausgebaut oder gehalten wird, oder ob ein Warmluftvorstoß Ende des Monats das Mittel nach oben treibt. Bleibt ein Wärmedurchbruch aus und gibt es nur eine leichte Erwärmung des Temperaturmittels, könnte es sich sogar um den kältesten April seit 1977 oder sogar 1973 handeln. Damit hat der diesjährige April das Potential, der Kälteste seit fast 50 Jahren zu sein.