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Newton und das Wetter

Bei dieser Überschrift mag man meinen, dass sich der folgende Artikel um Blitz und Donner dreht, dem ist aber nicht so. Vielmehr dreht es sich um etwas viel Grundlegenderes für die Wettervorhersage: Der Mathematik dahinter. Aber keine Sorge, der Anspruch ist dabei die Ideen dahinter zu vermitteln. Und die sind auch ganz handzahm.

Beginnen muss man da mit der Frage: Was müssen wir beim Wetter beschreiben und in Zahlen ausdrücken, sodass wir damit rechnen können? Nun, wenn man weiß wie sich die Luft bewegt und in welchem Zustand sich diese befindet (kalt/warm, feucht/trocken, hoher/niedriger Druck), dann kann man damit anfangen zu rechnen.

Dabei ist der Knackpunkt die Luftmassenbewegung, und das ist gar nicht so einfach. Die zu Grunde liegenden Gleichung nennt man die Navier-Stokes Gleichung, die sich aus einfachen Ansatzpunkten herleiten lässt, aber gleichzeitig mathematisch in eine, gelinde gesagt, schwierige Klasse von Problemen fällt.

An dieser Stelle ist aber ein kleines Intermezzo notwendig, um zu verstehen, wie sich die Navier-Stokes Gleichung zusammensetzt. Aus dem Physikunterricht in der Schule sind vielleicht einigen noch der Name Isaac Newton und dessen Axiome bekannt, wovon wir hier vor allem zweites benötigen. Für alle, die es nicht mehr wissen, hier einmal kurz, knackig und ein wenig vereinfacht das Prinzip: Die Bewegung einer Masse wird bestimmt durch die Summe aller angreifenden Kräfte. Man schaut sich also ein Objekt an und überlegt sich, was da alles an physikalischen Kräften anliegt, betrachtet jeweils Betrag und Richtung, addiert diese alle auf und das Resultat beschreibt die Bewegung. Macht man das zum Beispiel für eine kleine Eisenkugel, die man fallen lässt, so sind die Kräfte vor allem der Luftwiderstand und natürlich die Gravitation. Für uns nicht verwunderlich bei diesem Beispiel ist, dass im Ergebnis die Kugel Richtung Erdboden fallen wird.

Und das wollen wir jetzt nur eben für unsere Atmosphäre machen. Dazu stellen wir uns ein abstraktes Luftvolumen vor, ein sogenanntes Luftpaket. Das kann beliebig groß und schwer sein, und auch die Position innerhalb unserer Atmosphäre ist relativ egal – Hauptsache es ist eben in unserer Atmosphäre.

Die einzelnen angreifenden Kräfte sind auch bekannte Größen wie die Gravitation, die Druckgradientkraft (genau wie bei einer Gasflasche strömt die Luft vom hohen zum niedrigen Druck) und die Corioliskraft (diese hängt mit der Erdrotation zusammen). Das ist zumindest die einfachste Form.

Aber was hat der Elektromagnetismus jetzt damit zu tun? Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, dass der mathematische Formalismus von Luftströmungen tatsächlich dem von elektrischen Strömungen sehr ähnlich ist. Das ist zwar eher ein Fun Fact, zeigt aber doch auch die Eleganz der Mathematik: Ähnliche Phänomene werden ähnlich beschrieben, die Zahlen ändern sich eben nur ein wenig. Aber das nur am Rande.

Jetzt haben wir also die Navier-Stokes Gleichung in all ihrer Banalität der Grundprinzipien und man stellt fest, dass bis heute noch nicht einmal bewiesen werden konnte, ob überhaupt eine Lösung für die Gleichung existiert! Zum Glück weiß man sich aber zu helfen und stellt Näherungen auf – einer der vielen Gründe, warum es dann doch manchmal mit der Wettervorhersage hapert.

Übrigens: Das Problem mit der Navier-Stokes Gleichung ist eines der sogenannten „Millenium-Probleme", welche alle jeweils mit einer Million US-Dollar dotiert sind. Und den Nobelpreis gibt es bestimmt noch oben drauf.


Ein Artikel von Florian Zanger / Praktikant bei Q.met